Ausstellungen

R.O.M. Roland Orlando Moed:

"Evokation"

Vernissage: 01. Februar 2014

Roland Orlando Moed

Erinnern und Vergessen - Vom WeltBEWUSSTSEIN zum SELBSTbewusstsein

Ein Text von Alexandra Hildebrandt (Burgthann)

„Ich weiß nicht, woran es liegt, es geht alles tiefer in mich ein und bleibt nicht an der Stelle stehen, wo es sonst immer zu Ende war. Ich habe ein Inneres, von dem ich nicht wusste. Alles geht jetzt dorthin.“

Rainer Maria Rilke, „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“

Die aus der Zeit des Symbolismus stammenden Worte des Dichters sind das Korrelat für die Bilder eines Künstlers, die nach Jahrzehnten dieselbe Frage reflektieren: „Ist es möglich, dass man trotz Erfindungen und Fortschritten, trotz Kultur, Religion und Weltweißheit an der Oberfläche des Lebens geblieben ist? Ist es möglich, dass man sogar diese Oberfläche, die doch immerhin etwas gewesen wäre, mit einem unglaublich langweiligen Stoff überzogen hat (...)?(Rilke) - R.O.M. Roland Orlando Moed stimmt ihnen mit jeder seiner Aktionen zu, indem er sich bemüht, die Lethargie der Gewohnheit, zumindest für den kurzen Augenblick, durchbrechen zu können. (Angewendet wird ein Kunst-Prinzip, das aus der Reaktion des Betrachters eine Aktion macht.)

Bei der Evokation handelt es sich darum, eine „Nabelschnur“ zwischen Oberfläche und Tiefe zu bilden. Schon im Lateinischen bedeutet evoco soviel wie: aus der Unterwelt zitieren, aus dem Grab erwecken, aber auch „hervorrufen“ und „erregen“. Der Aufruf: evocatio!

Wo aber ist sie zufrieden, die Schnittstelle zwischen Ich und Umwelt, die der Künstler beZEICHNET, indem er unentwegt Zeichen setzt, die es zu dechiffrieren gilt, um diese Schnittstelle als zum Leben zugehörig anzunehmen? Ein Zustand soll transparent gemacht werden, der das impliziert, was wir sind, aber wir wissen es eben nicht; wir wissen nur, dass wir etwas sind. Moeds frühere Arbeiten („Das Leben“, „Auf der Wanderschaft“) setzen dafür erste Zäsuren. Der psychische und exentielle Wahrheitsgehalt seiner Kunstwerke ist einzig der Mensch, von dem schon Mark Aurel sagte: „Was für ein winziges Teilchen ist der Mensch im Verhältnis zum Weltganzen, welch ein kleines Teilchen von der ganzen Weltseele!“

Hier knüpft der Künstler an, hier beginnt seine Kunst, hier wird der Mensch aus der Sicherheit seines Weltbildes herausgerissen (vgl. dazu das Bild „Am Beginn“). Roland Orlando Moed lässt in und durch seine Bilder bisherige (Welt-)Ordnungen zerbrechen, die noch nicht durch neue ersetzt worden sind. Was bleibt ist eine (noch) nicht benennbare Suche, die - wenn an den Ausgangspunkt dieser Einführung, dass der bildliche Ausdruck auch Kern und Wesen aller Poesie ist (Hoffmannsthal), erinnert wird - sich in ihren Strukturen ebenso in den folgenden Zeilen von Ingeborg Bachmanns findet:

Du haftest in der Welt beschwert von Ketten/ doch treibt was wahr ist, Sprünge in die Wand/ Du wachst und siehst im Dunkeln nach dem Rechten, / dem unbekannten Ausgang zugewandt.“

Die Wahrheit vom Sein, die keine sein kann.

Es kommt wie es kommen musste - es geht wie es gehen musste. Dazwischen Schablonen der individuellen Wahrheiten für die Gewohnheit des Sehens, des Hörens, des Fühlens, des Empfindens und des Reflektierens. Ein ständiges Bauen an Mustern und immer wieder Vergleichen. Die Muster sind die Haltepunkte, die nicht halten, ständig veränderlich immer in Bewegung.

Was ist zwischen diesen Haltepunkten? Die Erinnerung an das längst Vergangene - wohl eher die Erinnerung an das Zukünftige. Begleitet vom Hauch, der aber auch die Erinnerungen trüben kann. Ein Leben wie ein Hauch oder eben ein Hauch Leben. Der permanente Wechsel zwischen Makrokosmos und Mikrokosmos immer in dem Bewußtsein, dass erst beide Teile ein Ganzes ergeben; daraus ergibt sich, dass es keine Utopie gibt sondern nur Realitäten.

Der Künstler als Schöpfer von utopisch anmutenden Realitäten rüttelt mit aller Kraft an dem Thron der Wirklichkeiten, was nicht verstanden werden kann, denn die Konventionen sind andere. Die Wahrheit, die wir suchen, liegt im Immateriellen, in transzendentalen und totalitären Sphären. In uns Selbst.

Der Blick nach innen vernebelt, erschwert die Sicht und auch das Sichtbarmachen. Dadurch ergibt sich ein scheinbares Nichts, eine Leere, die alles erfüllt. Im Innen wie im Außen. Ein Nichts wie ein Hauch, in dem alles enthalten ist. Die Natürichkeit des Seins.

Die These von der Aufklärung, die Rationalität, die die Erinnerungen wie auf einer Stange aufreiht, als x-beliebige Sache zu den anderen hängt. Dort, an der Stange, ist der Hauch verschwunden, eine Klarheit herrscht dort, die schon blendet. Alles sauber, nichts diffuses. Ordnung muss sein, auch in den Erinnerungen und natürlich auch in denen, die noch kommen werden. Bei dieser Klarsicht kann man weit voraus sehen und weiß, dass noch Erinnerungen folgen werden.

Heute wurde alles längst schon gespeichert, natürlich auch das, was noch kommt. Früher konnte man, jedenfalls der, der sich erinnern wollte, die Erinnerungen von der Stange nehmen, was schon ein Vorteil war; dort hingen sie auch fein säuberlich aufgereiht, zweckmäßigerweise sortiert nach Zeit, Raum und natürlich nach dem Wunschbild, welches die Erinnerungen stützen sollten. In der Zeit davor musste man sich noch Erinnern. Jedesmal wieder aufs Neue.

Mehr Informationen unter: www.rolandorlandomoed.de